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Experteninterview mit Veronika Riederle: "Um langfristig erfolgreich zu sein, muss man sich schnell anpassen können."

Veronika Riederle ist Co-Founder und CEO von Demodesk. Einen früheren Karriereschritt stellt unter anderem die Position als Case Team Leader bei Bain & Company. 



Stell Dich und Dein Unternehmen doch einmal bitte kurz vor.


Gemeinsam mit Alex Popp habe ich vor über 3 Jahren Demodesk gegründet - die erste intelligente Meeting Plattform für Vertriebsteams. Wir helfen unseren Kunden, höhere Abschlussquoten zu erzielen, mehr Transparenz über den Sales Prozess zu schaffen und manuelle Prozesse wie Terminierung, Vorbereitung, Nachbereitung oder CRM Admin zu automatisieren. Die Plattform basiert auf unserer revolutionären Screen-Sharing-Technologie, die kollaborative virtuelle Displays nutzt, anstatt den lokalen Desktop-Bildschirm des Verkäufers zu teilen. 


Hunderte schnell wachsende Vertriebsteams, darunter Celonis, Forto, Personio und Treatwell, nutzen Demodesk, um das Umsatzwachstum zu beschleunigen sowie die Vertriebsproduktivität zu steigern.

Alex Popp und ich waren 2019 im Silicon Valley und Teil des Y Combinators – der renommierteste Startup Accelerator weltweit – und haben im Folgenden über 10 Millionen Euro Investment eingesammelt. Heute sind wir ein global verteiltes Team von 45 Mitarbeitenden mit Standorten in München, London und San Francisco.


Wie ist Eure Vertriebsorganisation aufgestellt, welche Bereiche gibt es und wie sind diese miteinander verzahnt?


Wir haben ein klassisches B2B Vertriebsmodell und verkaufen unsere Software subscription-basiert. Daher denken wir über das Thema Vertrieb sehr ganzheitlich nach. Wir haben ein Revenue Team, das sich in drei Bereiche unterteilen lässt: Sales Development, Sales und Customer Success.


Sales Development ist wiederum unterteilt in Inbound und Outbound. Das Inbound-Team tritt mit potentiellen Kunden in Kontakt, die sich auf unserer Plattform registriert oder über unsere Webseite eine Produktdemo angefordert haben. Das Outbound Team ist zuständig für die Kaltakquise von Neukunden. 


Hier arbeiten wir mit Target Account Listen und identifizieren bei den Firmen, die in unser Zielkundenprofil passen, den jeweiligen Ansprechpartner. In unserem Fall ist das meist der Vertriebsleiter. Unsere Sales Development Representatives (SDRs) qualifizieren dann den Kunden anhand von BANT (Budget, Authority, Need, Timeline) vor. 


An dieser Stelle übernimmt dann das Sales Team, konkret unsere Account Executives. Sie geben dem Interessenten eine personalisierte Software Demonstration und zeigen, wie Demodesk Kunden dabei hilft, Abschlussquoten zu erhöhen, Effizienzen im Vertriebsteam zu heben, Vertriebsmitarbeiter effektiv zu coachen und neue Teammitglieder schneller produktiv werden zu lassen sowie mehr Transparenz über den Vertriebsprozess zu bekommen. Im Folgenden wird dann sowohl ein Mutual Outcome Plan erarbeitet als auch die Zeitleiste für die Implementierung, einen eventuellen Testlauf/PoC und den Roll-out festgesetzt. Sobald der Kunde den Vertrag unterschrieben hat, übernimmt das Customer Success Team, das den Kunden bei Implementierung und Rollout unterstützt, aber auch dafür sorgt, dass wir mit dem Kunden weiter wachsen und die Lizenz zum Ende der Vertragslaufzeit verlängert wird.


Zusätzlich dazu arbeiten wir in Pods, die regional strukturiert sind. Aktuell gibt es einen D-A-CH Pod, einen UK & Nordics Pod, einen US Pod sowie einen Rest of World Pod.


Wenn wir uns das letzte Jahr anschauen: Welchen Herausforderungen standet Ihr gegenüber und wie habt Ihr diese gemeistert?


Das letzte Jahr war sicherlich für alle Unternehmen extrem herausfordernd. Als im März 2020 die Pandemie ausbrach, verfielen viele erst einmal in eine Schockstarre. Investoren drängten Startups dazu, den Cash Burn so zu reduzieren, dass ein Überleben für mindestens 24 Monate in jedem Fall gesichert ist. Das bedeutete für viele Unternehmen Massenentlassungen und starke Kostenreduktion. 


Absurderweise hat sich der für uns adressierbare Markt durch eine starke akute Nachfrage nach Online Meeting Tools schlagartig um ein Vielfaches vergrößert. Zur gleiche Zeit aber haben unserere Kunden die Vertriebsteams stark heruntergefahren. Das wirkte sich zuerst einmal negativ auf unseren Umsatz aus, da wir unsere Software seat-basiert verkaufen. 


Um das Unternehmen unabhängig von externen Faktoren weiter stabil aufbauen und unser Produkt zügig weiterentwickeln zu können, haben wir dann im August 2020 frisches Kapital aufgenommen. Damit konnten wir unseren Kundenstamm stark ausbauen und das Team von 20 auf heute 45 Mitarbeitende vergrößern.

 

Hat sich im letzten Jahr etwas grundlegend verändert? Hat sich die Relevanz im Einsatz von Technologie in Eurer Vertriebsabteilung geändert? 


Da wir ein eine Software für Remote Sales verkaufen, hat sich für uns insgesamt relativ wenig geändert. Auch vor der Pandemie fanden so gut wie alle Kundengespräche über Demodesk statt. Weil das Vertriebsteam stark gewachsen ist und wir den Anspruch haben, mit einem best-in-class Sales Prozess zu operieren, haben wir stark in Vertriebssoftware investiert. Unser Tech Stack basiert auf Salesforce, Hubspot, Aircall, Outreach, ZoomInfo, LinkedIn Sales Navigator, Intercom und natürlich Demodesk als Herzstück.


Was waren Eure größten Learnings aus dieser Zeit?


Die größten Learnings gab es definitiv bei den Themen ‘Home Office’ und ‘virtuelle Zusammenarbeit im Team’. Vor allem jüngere Mitarbeitende tun sich nicht immer leicht damit, aus dem Home Office ohne physische Interaktion mit dem Team zu arbeiten. Für neue Vertriebsmitarbeitende ist es wichtig, in ständiger Interaktion mit senioren Kollegen zu stehen, um sich Best Practices und funktionierende Vertriebstaktiken anzueignen. 


Diese Herausforderung hat uns zusätzlich dabei geholfen, Demodesk zu einem sehr mächtigen Vertriebstool zu entwickeln. Neue Vertriebsmitarbeitende bekommen durch unsere Software automatisch die richtigen Sales-Materialien ins Meeting geladen und können auf Battle Cards zugreifen, die ihnen bei der Einwandbehandlung helfen. Darüber hinaus können sie Meetings mit Kollegen live “shadowen” oder Recordings im Nachgang ansehen, um so schneller zu lernen.


Was zeichnet Deiner Meinung nach einen guten Vertrieb aus und worauf legst Du primär Wert?


Wir arbeiten mit vielen führenden Softwarefirmen zusammen und bekommen einen Einblick in verschiedenste Vertriebsorganisationen. Insgesamt sehen wir drei Komponenten, die essentiell für einen guten Vertrieb sind: Prozesse, Software und Team. Ein klar strukturierter, gut dokumentierter und replizierbarer Prozess bildet die Basis für eine effiziente Vertriebsorganisation. Software hilft dabei, die Prozesse so gut wie möglich zu automatisieren und zu kontrollieren. Und das Team arbeitet mit der Software entlang der vordefinierten Prozesse. 


Im B2B Vertrieb ist die zwischenmenschliche Komponente unglaublich wichtig. Wenn es um den Verkauf von Software geht noch einmal ungemein mehr. Am Ende kauft man immer von einer Person, nicht von einer Firma. Vertriebsmitarbeiter, die in der Lage sind, die Probleme des Kunden zu verstehen und Vertrauen aufzubauen, sind das Tüpfelchen auf dem i.


Welchen Einfluss haben Deiner Meinung nach Prozesse und Automatisierungen auf den Vertrieb und auf den Umsatz? Was können hier ausschlaggebende Gründe sein, warum das so ist?


Meiner Meinung nach ist es unmöglich, eine erfolgreiche Firma ohne die richtigen Prozesse und Automatisierungen aufzubauen und zu skalieren. Aus Startup Sicht gibt es mehrere Phasen beim Aufbau eines Unternehmens. Zuerst kommt der Product-Market Fit, dann der Go-to-Market Fit und zuletzt die Wachstums- und Skalierungsphase. Während es beim Product-Market Fit darum geht sicherzustellen, dass das Produkt einen ausreichend großen Markt bedienen kann, geht es im Go-to-Market Fit darum, den Vertriebsprozess zu dokumentieren und zu replizieren. Je mehr man den Vertriebsprozess automatisieren kann, desto schneller und effizienter kann man wachsen und skalieren. Hier geht es nicht nur darum, möglichst schnell neue Mitarbeitende anzustellen und zu rampen, sondern auch, manuelle, zeitintensive und fehleranfällige Prozesse zu automatisieren. 

  

Welche Rolle spielen Daten denn in Euren täglichen, aber auch in Euren strategischen Vertriebs-Überlegungen? 


Bei Demodesk arbeiten wir sehr datengetrieben und versuchen, unsere Hypothesen immer mit Daten zu belegen. Essentielle KPIs messen wir wöchentlich. Dabei geht es um das Auswerten von Marketing-Aktivitäten, Conversion Rates in verschiedenen Kundensegmenten und -märkten, aber auch Usage und Churn Rates (also die Abwanderungsrate) in der Produktnutzung. 


Auch aus Produktsicht sind Daten bei Demodesk zentral. Da wir tief in den Salesprozess unser Kunden eingebunden sind, können wir enorm viele Daten erheben. Wir können zum Beispiel analysieren, wie viele Kundenmeetings ein Vertriebsmitarbeiter im Durchschnitt hält, wie hoch No Show Raten sind, welche Materialien während des Vertriebsgesprächs geteilt werden, wie sich die Redeverteilung verhält oder auch, wie aktiv der Kunde im Gespräch war. Diese Daten helfen unseren Kunden dann extrem bei strategischen Entscheidungen.

Was glaubst Du müssen Unternehmen in Bezug auf Vertrieb ändern?


Ich denke nicht, dass man das so pauschal beantworten kann. Jedes Unternehmen hat andere Voraussetzungen, Herausforderungen und Prioritäten. 


Um noch einmal auf Euch zurückzukommen: Was habt Ihr in den nächsten Jahren Wachstums-technisch vor? Hat sich durch Covid-19 etwas verändert?


Für unser Geschäft war Covid insgesamt sehr förderlich. Quasi über Nacht wurden Unternehmen dazu gezwungen, auf einen virtuellen Vertriebsprozess umzustellen. Schon vor der Pandemie gab es einen starken Trend zu Inside Sales, aber durch die Corona-Situation wurde dieser Trend unfassbar beschleunigt. Wir sind quasi zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit unserem Produkt. 


Nachdem wir uns bis vor 3 Monaten hauptsächlich auf Produktentwicklung fokussiert haben, wollen wir nun stärker in den Markt gehen. Wir bauen aktuell unser Vertriebsteam parallel in Deutschland, UK und Portugal auf. 


Im zweiten Schritt folgt dann ein Ausbau des Teams in den USA. Bis Ende des Jahres wollen wir von aktuell 45 auf 75 Mitarbeitende wachsen.


Gehen wir noch einmal kurz auf Eure Unternehmenskultur ein. Welche Auswirkung hat eine gute oder generell eine Unternehmenskultur auf den Unternehmenserfolg?


Das Thema Unternehmenskultur hat bei Demodesk einen sehr hohen Stellenwert. Für uns ist Arbeit mehr als nur ein Job. Wir wollen ein erfolgreiches und inspirierendes Unternehmen aufbauen und unseren Mitarbeitenden ein Umfeld bieten, in dem sich jeder weiterentwickeln, lernen und wachsen kann. Wir glauben, dass man ambitionierte Ziele nur gemeinsam erreichen kann.


Wie müssen Deiner Meinung nach Unternehmen zukünftig aufgestellt sein, um wirklich erfolgreich zu agieren? 


Flexibel und agil. Technologiezyklen werden immer kürzer und die Welt dreht sich immer schneller. Um langfristig erfolgreich zu sein muss man in der Lage sein, sich schnell an veränderte Gegebenheiten anzupassen. Die Pandemie ist hierfür der beste Beweis. Viele große Unternehmen - vor allem in Deutschland - tun sich noch immer schwer, Prozesse zu digitalisieren. Ich hoffe, dass hier bald ein Umdenken stattfindet.


Auch eine gute Unternehmenskultur halte ich für enorm wichtig. Dadurch, dass immer mehr Firmen komplett remote aufgestellt sind, wird die Konkurrenz um gute Mitarbeitende immer härter. Top Talente haben die Wahl und können sich frei aussuchen, wohin sie gehen. Mit Mitarbeiter-Rating Plattformen wie Glassdoor und Indeed ist es sehr transparent, ob eine Firma eine gute Unternehmenskultur hat und ob die Mitarbeitenden dort gern arbeiten. 


Wenn Du einem Unternehmen oder auch einem Unternehmer einen Tipp mitgeben könntest, was bei der Führung einer Vertriebsorganisation zu beachten ist - welcher wäre das?


Überlasse nichts dem Zufall! :) 


Vielen Dank Veronika für Deine Zeit!


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